Clean Hospitals Day - Interview mit Dr. Hinnerk von Thun-Hohenstein

Am 10.10. findet der internationale Clean Hospitals Day statt, der das Thema Krankenhaushygiene unter dem Slogan „Spread the word and share the message” in den Fokus rückt.  Nicht zuletzt durch die Corona-Pandemie hat die Relevanz von Hygienemaßnahmen in Kliniken noch mehr an Bedeutung gewonnen. Wir haben mit dem Krankenhaushygieniker der Helios Region Nord, Dr. med. Hinnerk von Thun-Hohenstein, über dieses wichtige Thema gesprochen.

Als Clusterleiter Krankenhaushygiene berät er die Krankenhausleitung und die Kolleg*innen in Hygienefragen in den Helios Häusern Cuxhaven, Sahlenburg, Nordenham, Mariahilf Klinik Hamburg und Klinikum Schleswig.

 

 

Eine wichtige Frage vorab – wie geht es Ihnen?

Es geht mir gut. Die letzten Monate waren natürlich sehr einschneidend und aufregend. In meiner jetzigen Funktion arbeite ich im zweiten Jahr. Ich glaube, ich habe die absoluten Highlights eines Krankenhaushygienikers nun in dieser Zeit schon komprimiert erleben dürfen.

 

Sie betreuen insgesamt fünf Kliniken bei allen Belangen rund um das Thema Hygiene. Sind die Anforderungen der Kliniken dabei gleich?

Die Anforderungen sind schon allein durch die Lage in drei verschiedenen Bundesländern sehr divers. In Größe und Ausrichtung unterscheiden sich die Kliniken ebenfalls sehr stark. Auch wenn wir alle zum Helios-Unternehmen gehören, hat doch jedes Haus seine individuellen Gegebenheiten, die auch in der Hygiene zu berücksichtigen sind. Der Vorteil: Durch unsere Heliosinterne Vernetzung können wir auf gebündeltes Wissen zurückgreifen und uns regelmäßig austauschen. Das ist besonders in unserer Disziplin hilfreich, da Hygienethemen in alle Bereiche der Klinik einfließen. Krankenhaushygieniker sind gesetzlich vorgeschrieben - wie viele Stellen es in einem Krankenhaus geben muss, ist dabei abhängig von der Bettenzahl. Aktuell gibt es in Deutschland einen Mangel an Krankenhaushygieniker*innen.

 

Woran liegt das?

Als Krankenhaushygieniker ist man häufig das personifizierte schlechte Gewissen. Diese Wahrnehmung müssen wir überwinden. Man steht nicht im OP und rettet offensichtlich Leben. Das wirkt auf Studierende vielleicht weniger reizvoll als z. B. die Fachrichtung der Chirurgie. Die wichtige Rolle und den Einfluss der Krankenhaushygiene muss man besser kommunizieren, um diese Fachrichtung attraktiver zu machen. Die Corona-Pandemie kann einen positiven Effekt auf die Notwendigkeit und das Rollenbild der Hygiene in der Klinik haben.

 

Worin unterscheiden sich Krankenhaushygieniker*innen, Hygienefachkräfte und Hygienebeauftragte?

Der Krankenhaushygieniker ist häufig ein Facharzt für Krankenhaus- und Umwelthygiene und berät in der Klinik bei Erkennung, Verhütung und Bekämpfung von Krankenhausinfektionen. Ein Krankenhaushygieniker kann aber auch ein nach dem Curriculum der Bundesärztekammer fortgebildeter Facharzt anderer primärer Ausrichtung sein. Er ist weisungsbefugt gegenüber Hygienefachkräften. Hygienefachkräfte sind weitergebildete Pflegekräfte, die Hygienerisiken analysieren, regelmäßige Begehungen durchführen und bei der Festlegung von Arbeitsverfahren beraten. Außerdem überwachen sie die Einhaltung von Hygienemaßnahmen und führen Schulungen und Unterweisungen durch. Hygienebeauftragte sind Ansprechpartner aus dem Praxisalltag der Bereiche für das Hygienefachteams in den diversen Fachdisziplinen (ärztlich und pflegerisch) und somit der verlängerte Arm in die Fachabteilungen.  

 

Was ist die übergeordnete Aufgabe der Krankenhaushygiene?

Ganz einfach gesagt: Sicherzustellen, dass der anvertraute Patient nicht kränker aus dem Krankenhaus rauskommt, als er hineingekommen ist. Dazu gehört beispielsweise die Kontrolle der Bereiche, bei denen es auf ein besonders hygienisches Umfeld ankommt, wie zum Beispiel der OP. Aber auch die Wiederaufbereitung von Medizinprodukten, Behandlungsabläufe auf den Stationen, Isolierungsmaßnahmen, Händehygiene und dem Umgang mit Antibiotika gehören zu den Aufgaben. Letzteres vor allem im Rahmen des Antibiotic Stewardships, also dem rationalen und verantwortungsvollen Einsatz von Antibiotika zur bestmöglichen Behandlung bei gleichzeitiger Vermeidung von Resistenzbildung.  

 

Welche Bakterien bereiten Ihnen denn die größten Sorgen?

Zunächst: Bakterien gehören zu uns, das sind unsere Mitbewohner. Wir haben mehrere Kilogramm gute Bakterien in uns und die brauchen wir auch. Die dürfen unter keinen Umständen fehlen, denn sie halten uns am Leben. Es wird erst dann problematisch, wenn sie überhandnehmen und in ein falsches Gleichgewicht geraten. Einer der prominenten Keime, der auch häufig durch die Medien geistert, ist der Staphylococcus aureus. Viele Mitmenschen tragen ihn aber mit sich, das ist auch solange in Ordnung, wie er z.B. nicht im Blutstrom auftritt. Größere Probleme bereiten die multiresistenten grammnegativen Bakterien, kurz MRGN. Davon gibt es auch einige, die ohne diese Multiresistenz in unsere Flora hineingehören. Allerdings bilden diese Bakterien sehr schnell Resistenzen gegenüber verschiedenen Antibiotika und sind auch in der Lage, diese Resistenzen an andere Bakterien weiterzugeben. Das macht sie dann zum Problem.

 

Welche Herausforderungen wird es in Zukunft geben?

Die Anzahl der multiresistenten Keime wird weiterhin zunehmen, ohne dass eine große Zahl an Antibiotika hinzukommen wird. Die Bakterien werden das letzte Wort haben, das wusste schon Louis Pasteur. Denn Krankenhaushygiene ist eine der ältesten Disziplinen der Medizin. Es muss mehr Wissen und mehr Austausch unter den Ärzten gefördert, aber auch die Rolle des informierten Patienten gestärkt werden. Auf nationaler Ebene funktionieren die Netzwerke schon ganz gut, international müssen wir noch enger zusammenrücken. Auch da könnte die Corona-Pandemie einen positiven Nebeneffekt bringen. Ich würde mir ebenfalls eine deutlichere Digitalisierung in der Hygiene wünschen, denn nur mit einer guten Datenlage können zielgerichtete Entscheidungen getroffen werden. Natürlich spielen in Zukunft auch technische Innovationen eine wichtige Rolle. Innovationen müssen aber auch im Kopf stattfinden. Das Selbstvertrauen zu stärken und die Offenheit, eingefahrene Strukturen zu verlassen, ist dafür eine Grundvoraussetzung. Die Krankenhaushygiene der Zukunft ist für mich gut vernetzt, gut ausgebildet und teamfähig.

 

Welche Rolle spielt eigentlich die Nachhaltigkeit in der Hygiene?

Für mich persönlich spielt die Nachhaltigkeit eine sehr wichtige Rolle, die sicher in der Klinik auf Grund von hygienischen Abwägungen manchmal nicht an erster Stelle stehen kann. Hier ist natürlich primär dafür zu sorgen, dass beispielsweise durch definierte Verpackungsformen die Sterillität von Instrumenten gewährleistet ist. Es ist aber wichtig auch in diesem Bereich Konzepte zu erarbeiten, um sich sicher und zukunftsgerecht als Klinikum aufzustellen.

 

Lieber Dr. med. Hinnerk von Thun-Hohenstein, wir danken Ihnen für den Austausch und freuen uns auf viele weiter Aktionen rund um den Clean Hospitals Day.  

 

 

 

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